Category Archives: Transhumanismus

Von CRISPR, teilweiser Heilung von Gelähmten und Meta-DNA – Links #7

Wenn sich der Kreis schließt zwischen CRISPR, Meta-DNA und Gelähmten, die durch Training mit einem Brain-Machine-Interface wieder ansatzweise ihre Beine bewegen können, eröffnet sich ein neues Kontinuum. Es sind meist die neu geschaffenen Blickwinkel, die Ausgangspunkt für neue Denkansätze und Lösungsvorschäge sind.

CRISPR, Meta-DNA & Exoskelett

CRISPR, Meta-DNA & Exoskelett

CRISPR – der ‚Heilige Gral‘ der Genmanipuation

Dieses aktuelle Video über CRISPR beschreibt das unglaubliche Potential dieser jungen Technologie, welches viele Wissenschaftler, Ärzte und Transhumanisten von diesem Verfahren erwarten. Offenbar steht ein Durchbruch bei der Genmanipulation im großen Stil unmittelbar bevor. Man erhofft, die großen Krankheiten der Menschheit ebenso heilen zu können, wie Fantasien der Transhumanisten vom ewigen Leben und gesteigerter Intelligenz von Designer Bebies uvm..

Spätestens nach Ray Kurzweils Singularitäts-Hypothese (Wikipedia) wird klar, dass ein Erreichen und Ausnützen dieser Möglichkeiten potentiell nicht in allzu weiter Ferne liegen dürfte. Die Argumentation im Video, dass eine Verhinderung dieser Technologie die Heilung von tödlichen Krankheiten und beispielsweise genetisch bedingten Behinderungen sabotieren würde, erscheint mir durchaus treffend.

Eine der vielen aufkommenden Fragen ist natürlich, ob mit dem genetischen Code die Funktionsweise des Lebens vollständig beschrieben und geplant werden kann. Man kann davon ausgehen, dass auch in diesem Bereich weitere Paradigmenwechsel noch bevor stehen, wenn man die Entwicklung des Forschungsstandes beispielsweise mit jener der Physik vergleicht. Hier gab es gleich mehrere, vom heliozentrischen Weltbild bis hin zu Newtons Gravitation, Einsteins Relativitätstheorie und der Quantenmechanik – und es ist davon auszugehen, dass noch weitere folgen werden. All diese wissenschaftlichen Revolutionen haben ihrer Zeit genügt und sich bedingt und sind daher innerhalb ihres Kontinuums betrachtet, als gleichwertig zu betrachten. So gesehen wird es überaus interessant sein, ob und inwiefern sich durch CRISPR, also menschlichen direkten Eingriff in die DNA, manipulierte Lebensformen von solchen unterscheiden, die ohne solche Eingriffe entstanden sind.

In diesem Kontext möchte ich auf den Post hinweisen, in dem ich von den potentiellen Interpretationsmöglichkeiten des genetischen Codes geschrieben habe, die von der Absicht des Interpretierenden abhängen. Ich brachte damals den Vergleich mit einem literarischen Roman, der ebenfalls von jedem Individuum als unterschiedlich interpretiert wird, ja teilweise von ein und demselben Menschen, der diesen zwei Mal in unterschiedlichen Lebensphasen liest.

Meta-DNA – der zweite Layer des genetischen Codes

Helmut Schiessel vom Leiden Institut für Physik hat nun nachgewiesen (Phys.org), dass einer dieser Layer, oder Lesarten der DNA, sich offenbar auf mechanischer Ebene manifestiert. Er wies nach, dass die Genexpression in den Zellen unterschiedlicher Organe von der Faltung der DNA im Nukleus anhängig ist. Dies könnte, so vermutet Schiessel, eine Antwort darauf geben, wie die ansonsten in jeder Zelle identisch enthaltene DNA bewirken kann, dass derart viele unterschiedliche Zellen entstehen können, die alle unterschiedliche Funktionen ausüben.

Der Bogen zur nächsten Meldung macht deutlich, wie unerwartet solche Paradigmenwechsel, oder neue Lesarten, oder Interaktionen mit Entitäten wie eben der Genetik, Physik oder Medizin, auftreten können:

Brain-Machine-Interface triggert Muskelkontrolle von Gelähmten

Das ‚Walk Again‘ Programm hat zum Ziel, Gelähmten durch Brain-Machine-Interfaces und Exoskelette wieder das Gehen zu ermöglichen. Während diesem Projekt wurde nun festgestellt, dass die Patienten teilweise wieder Kontrolle und Gefühl über ihre Gliedmaßen gewinnen konnten, wie auch derStandard berichtet. Miguel Nicolelis vom AASDAP and Lente Viva Filmes, São Paulo, Brasilien stellt im Video in den Raum, dass deren Forschungsarbeit den Weg für neue Therapieformen ebnen könnten.

Diese erfreuliche Entdeckung ist ein guter Beleg dafür, dass es sich immer lohnt, neue Wege zu beschreiten. In Bewegung bleiben ist ein wichtiges Mittel, um die Perspektiven zu verändern, und neue Perspektiven sind eine sehr hilfreiche Inspiration für Ansätze der Problemlösung.

Der Paradigmenwechsel, oder sagen wir besser, der erhoffte, der ist hierbei völlig unvermutet eingetreten, als eine Art Nebeneffekt der eigentlichen Absicht, den Gelähmten das Gehen durch Exoskelette zu ermöglichen. Dieses neue Kontinuum der Erweiterung des Menschen durch Technologie hat die Perspektive auf ein Problem verschoben, das die Medizin seit Jahrhunderten beschäftigt. Auf einen Schlag bietet ergibt ein völlig unerwartet neuer Zugang mögliche Aussichten auf Lösungen.

Thomas Heindl, 2016

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Roboter, Minigehirne und Transhumanismus

Synthetische Biologie – ein Schritt zur Unsterblichkeit?

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Meine Buchtipps zum Thema:

 

Roboter, Minigehirne und Transhumanismus – Linktipps #6

Humanoide Roboter für KonsumentenNachdem Roboter die Fabriken längst erobert haben, drängen humanoide Roboter nun auf den Massenmarkt für Konsumenten. Das World Economic Forum beschäftigt sich mit Mensch-Maschine-Schnittstellen, und Forscher in Singapur entwickeln aus Stammzellen Mini-Gehirne. Die Linktipps.

Humanoide Roboter auf dem Markt

Klar ist, Roboter sind keine Science Fiction mehr: Bereits heute werden so wichtige Gebrauchsgegenstände wie Autos und Smartphones längst von Robotern gebaut. Humanoide, also zumindest vom Aussehen her menschenähnliche Roboter, sind dennoch bis heute nichts zu alltäglichen Begleitern und Helfern des Menschen geworden. Dabei gibt es längst eine große Auswahl auf dem Markt. Smashingrobotics.com stellt in einem Artikel 13 mehr oder weniger leistbare humanoide Roboter vor, die teilweise schon sehr ausgereift wirken, und einen beträchtlichen Funktionsvielfalt aufweisen. Da viele von ihnen offen für Entwickler sind, ist anzunehmen, dass sie schon sehr bald noch sehr viel mehr können werden.

Und rein dem Anschein nach wirken sie bereits unglaublich lebendig und autonom. Wie beispielsweise die RoboThespians, die in diesem Video einen Song performen.

 

World Economic Forum und der Transhumanismus

Das renommierte World Economic Forum, ein Kongress der globale wirtschaftliche Entwicklungen thematisiert, hat auf Facebook ein bemerkenswertes Video veröffentlicht, welches sich mit Mikrochip-Implantaten, Bionischen Augen, Smart Skins und Designer babies beschäftigt – alles Technologien, die sich in den letzten Jahren dramatisch entwickelt haben. Man rechnet in den nächsten 50 Jahren mit weiteren dramatischen Fortschritten. In einem Blogpost des WEF werden transhumanistischen Forschungsfelder genauer beschrieben, in denen bis 2020 Durchbrüche erwartet werden.

Mini-Gehirne mithilfe von Stammzellen gewonnen

Minigehirn in einer Petrischale

Minigehirn in einer Petrischale.           Credit: Image courtesy of The Agency for Science, Technology and Research (A*STAR)

Wissenschaftler in Singapur konnten mithilfe von Stammzellen Mittelhirne in Miniaturform herstellen. Die Verfügbarkeit dieser Mini-Gehirne ermöglicht Experimente, die wertvolle Erkenntnisse auf dem Weg zur Heilung neurologischer Erkrankungen sein können. Insbesonders Parkinson kann un wesentliche besser untersucht werden. Parkinson, eine neurodegenerative Erkrankung, von der aktuell weltweit bis zu 10 Millionen Menschen betroffen sind, hat vor allem auf die Funktionsweise des Mittelhirns dramatische Auswirkungen.

 

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Thomas Heindl, 2016

 

 

Radio-Talk über Transhumanismus, KI und Superintelligenz

Am 13. Juli 2016 war ich zu den Themen Transhumanismus, KI und Superintelligenz in die Radio-Sendung Unbewusst auf Radio Orange eingeladen.  Hier kann der Podcast der Live-Sendung nachgehört werden.

Unbewusst - Radio Talk mit Thomas Heindl

Die Themen waren Transhumanismus, KI und Superintelligenz

 

Podcast zu Transhumanismus, KI und Superintelligenz

Transhumanismus, KI und Superintelligenz (SI) sind Themen, die mich schon längere Zeit beschäftigen. Im ersten Teil des Gespräches stelle ich diese Begriffe vor.

Transhumanismus ist eine philosophische Strömung, die sich mit der Überwindung menschlicher Limitierungen durch Technologie beschäftigt. 

 

Diese Überwindung soll auf unterschiedlichste Arten erreicht werden: Mithilfe von Biotechnologie zur Optimierung des menschlichen Genoms. Exoskelette, Gehirn-Computer-Schnittstellen und Ähnliches erweitern die menschliche Leistungsfähigkeit in technisch-mechanischer Hinsicht. Mithilfe von Nanotechnologie erhofft man sich in nicht allzu ferner Zukunft ebenso einiges, wie beispielsweise optimiertes Blut, welches zu effizienterem Sauerstofftransport oder einem optimierten Immunsystem verhilft.

KI, also künstliche Intelligenz, ist der Überbegriff für automatisiertes intelligentes Verhalten.

Schon wenn man bedenkt, wie schwierig es ist, eine allgemeine Definition von Intelligenz zu finden, wird klar, wie schwierig und problematisch es ist, festzulegen, was KI ist uns was nicht. Dennoch hat sich in diesem inzwischen sehr großem Teilgebiet der Informatik gerade in den letzten Jahren viel getan: Algorithmen übertreffen die menschlichen kognitiven Fähigkeiten in allen möglichen Teilbereichen, und sind uns zu einem sehr hilfreichen und ökonomisch erfolgreichen Werkzeug geworden (Bilderkennung, Suchmaschinen, Schachcomputer, Echtzeit-Übersetzungsprogramme usw.).

Superintelligenz ist simpel definiert eine Intelligenz, die jene des Menschen übertrifft.

Man muss davon ausgehen, dass eine Superintelligenz nach menschlicher Definition höchstwahrscheinlich zuerst auf technologischer Ebene auftreten wird, denn allein hardwareseitig ist die Elektrotechnik der Bioelektrik an Geschwindigkeit um ein vielfaches überlegen. Dass die räumliche Limitierung bei einer KI also allein von der Hardware her nicht gegeben ist, so wie beim Menschen durch den Schädel, ist dabei der entscheidende Vorteil. eine Superintelligenz wäre theoretisch in der Lage, sich selbst zu optimieren, was letztlich eine nahezu exponentielle Zunahme an Intelligenz zur Folge hätte. Man geht davon aus, dass eine SI noch im 21. Jahrhundert menschlicher Zeitrechnung auftreten wird.

Bedrohungszenario Superintelligenz

Später gehe ich auf das Bedrohungszenario ein, welches von einer Superintelligenz gegenüber der Menschheit ausgeht. Der Philosoph Nick Bostrom hat sich in seinem Buch Superintelligenz intensiv damit beschäftigt. Im Podcast begründe ich meinen Standpunkt, weshalb sich übertriebene Sicherheitsvorkehrungen sowie das grundsätzliche Schüren von Ängsten gegenüber SI als kontraproduktiv, ja selbsterfüllende Prophezeiung erweisen könnte. Zu diesem Thema habe ich im Der Wiener Psychoanalytiker den Artikel Künstliche Intelligenz und der Ödipus-Konflikt veröffentlicht. Ich ziehe dort die Parallele zwischen der Bedrohung des Menschen durch Superintelligenz und dem Vatermord von Ödipus an Laios. Weiters nimmt Ödipus seine eigene Mutter zur Frau – gleichbedeutend mit der Übernahme der vorherrschenden Rolle auf dem Planeten Mutter-Erde durch die Superintelligenz.

Dunbar-Zahl und Hoffnung Superintelligenz

Gegen Ende des Podcasts plädiere ich für eine positive Einstellung gegenüber einer möglichen SI, und stelle die Frage nach einem pädagogisch sinnvollen Umgang mit einer solchen Entität.

Ich stelle klar, dass ich in KI und SI das derzeit potentiell vielversprechendste Instrument sehe, um die Probleme der Menschheit zu lösen. aus dem einfachen Grund, dass sie durch die Dunbar-Zahl nicht limitiert ist. Diese Dunbar-Zahl lässt auf einen Zusammenhang zwischen der Größe des Neocortex und der Limitierung jener Zahl an sozialen Kontakten nahe, zu welchen eine Lebensform fähig ist. Durch sie ist nicht mehr verwunderlich, dass der Mensch, der biologisch immer noch ein Stammes Tier ist (Dunbar-Zahl 150 Kontakte), globale Probleme nicht zu bewältigen imstand ist.

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Thomas Heindl, 2016

Synthetische Biologie – ein Schritt zur Unsterblichkeit?

Von Steffen Dietzel - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1369763

So sehen menschliche Chromosomen aus. Synthetisch hergestellt wären Sie optisch nicht unterscheidbar. Ihr Inhalt jedoch könnte solche Menschen dramatische Weise verändern.

Synthetische Biologie ist wohl eine der radikaleren transhumanistischen Strömungen. Genmanipulation (genetical engineering) erscheint fast harmlos dagegen. Das Technology Review hat erst kürzlich die Arbeit von George Church vorgestellt. Church arbeitet daran, den menschlichen Genom zu synthetisieren, also künstlich herzustellen. Dies ist beispielsweise bei Bakterien schon längst gelungen, warum also nicht auch beim Menschen?

Möglichkeiten durch synthetische Biologie

Die Vorteile wären in medizinischer Hinsicht in der Folge möglicher Weise revolutionär: Man könnte als nächster Schritt einer solchen Synthetisierung eine sogenannte Recodierung des Erbguts durchführen. Eine Solche kann unter Anderem die Immunität dieser Menschen gegenüber Viren als Ergebnis haben. Also eine Art vorinstallierte Firewall unserer DNA-Software.

Weiters stellt Church in den Raum, diese Technologie könnte irgendwann auch eingesetzt werden, um Tumorbildungen zu unterdrücken. Oder eben auch, um diese synthetisch geschaffenen Menschen immun gegenüber Strahlung machen – und dadurch lange Weltraumaufenthalte ermöglichen.

 

Science Fiction oder Realität?

Dass Genmanipulation funktioniert ist längst erwiesen. Wie weitreichend in den Code eingegriffen werden kann, ist seither im Grunde keine Frage des ob, sondern des wie und wann und selbstverständlich ethischer Entscheidungen. Die Frage ist natürlich, ob ein synthetisches, also künstlich erzeugtes Lebewesen überhaupt von ähnlichen moralischen Grundsatzentscheidungen abhängig gemacht werden muss, wie die Genmanipulation. Also der direkte Eingriff in natürlich entstandene DNA.
Fakt ist, dass beispielsweise die Forschung von Church längst intensiv unterstützt wird. Und das nicht nur über Forschungsetats von Universitäten, sondern auch durch Unternehmen. von Science Fiction kann also keine Rede mehr sein – wenn auch natürlich klar ist, dass mit oben beschriebenen Recodierungen in unmittelbarer Zukunft definitiv nicht zu rechnen ist.

Der Mensch, das Leben und Unsterblichkeit

Es ist schon erstaunlich, wie bemüht der Mensch ist, neue Strategien zu entwickeln, seine Identität dauerhaft zu erhalten. Synthetische Biologie ist dabei nur eine von vielen. Der Lebenstrieb, das Streben nach Unsterblichkeit setzt im Menschen neue kreative Zugänge frei. Denn das Leben an sich ist ja auf gewisse Art und Weise eine solche Strategie. Richard Dawkins hat diese Sichtweise in seinem Buch „Das egoistische Gen“ erläutert: Dass im Grunde der Phänotyp, also alle Lebensformen als biologische Roboter interpretiert werden können, die allein den Genen dienen, um sich weiter zu geben – was ja nichts anderes ist, als sich zu erhalten, also möglichst lange existent zu halten. Das Leben allerdings hat als einen entscheidenden Mechanismus eben die Vergänglichkeit dieser Bio-Roboter entwickelt – erst sie macht eine Fortpflanzung notwendig, welche wiederum essentiell ist für evolutionäre Entwicklung. Ohne diese hätte das Leben keine Chance gehabt, so lange zu existieren, da jede Veränderung des Habitats ihr Ende bedeuten hätte können.

 

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